Anna Narloch-Medek, Klemens Medek

Reggio-Pädagogik dafür stehen heute ca. 35 kommunale Krippen und Kindergärten in der Norditalienischen Stadt Reggio Emilia. Reggio-Pädagogik ist eine „Pädagogik des Werdens“, die sich in permanenter Interaktion zwischen Erwachsenen, Kindern und deren sozialer und gegenständlicher Um- und Mitwelt entwickelt. Reggio ist keine Erziehungstheorie, sondern eine Erziehungsphilosophie mit einer eigenen, inzwischen mehr als 60-jährigen Geschichte. Auffällig an der Rezeption der Reggio-Pädagogik, sowohl in verschiedenen Publikationen als auch in der Praxis, ist, dass oftmals die Gestaltung der Räumlichkeiten und die künstlerischen Angebote sowie die ästhetischen Produkte der Kinder als zentrales Merkmal in den Mittelpunkt gerückt werden.

EINE PÄDAGOGIK MIT KREATIVITÄTS- UND KULTURSCHWERPUNKT

Haltung der PädagogInnen

Freude und Engagement sind für Malaguzzi die wesentlichen Haltungen für die pädagogische Arbeit. Um ihr Vorhandensein sicherzustellen, ist es notwendig, dass sich die Erzieherinnen bei ihrer Arbeit wohlfühlen. Dies wiederum mag von vielen und zudem subjektiv unterschiedlich wirksamen Faktoren abhängen. Ein entscheidender Grund ist aber sicherlich die Identifikation mit der Tätigkeit. Die Erzieherinnen in Reggio identifizieren sich mit ihrer Arbeit, weil sie in ihr einen Sinn sehen, aber auch weis sie pädagogische Erfolge und Anerkennung erleben und ihre Arbeit theoretisch weiter entwickeln. Sie sind keine Vollzugsbeamten, die ein vorgegebenes pädagogisches Konzept in die Praxis umsetzen, sondern sie sind selbst Mitbegründer dieses Konzeptes.

Anteilnahme, Toleranz, Optimismus, Zuneigung sowie Unbeirrbarkeit und Echtheit der Hingabe sind ebenfalls wichtige Voraussetzungen für ein erzieherisches Klima, das den Kindern die notwendige Sicherheit gibt, um zu forschen, Risiken einzugehen, Fehler in Kauf zu nehmen und eine eigene Identität zu entwickeln.

ÄSTHETISCHE BILDUNG: EIN BESONDERER WEG DER WELTANEIGNUNG

Das Atelier, Kunsterzieher als feste Bestandteile des Teams, einen ansprechende Gestaltung der Räume, gelungene Bilder und Plastiken von Kindern, die jeden Erwachsenen in Erstaunen versetzen, die besondere Bedeutung der Wahrnehmungsförderung, die reichhaltige Materialauswahl – all dies sind für viele Erzieherinnen hervorstechende Merkmale der Reggio-Pädagogik. Tatsächlich hat es für viele den Anschein, als ob die Kindertagesstätten in Reggio Kunstschulen seien, die aus den Kindern Künstlerinnen und Künstler machen möchten. Dies ist jedoch nicht der Fall.

• die Sprache wird den Kindern fast nur noch über Imitationsmechanismen vermittelt. Eine Anbindung an die Erfahrung fehlt fast vollkommen.
• Die Kindererziehung erfolgt fast ausschließlich verbal.
• Der Mensch besitzt eine Vielfalt von Ausdrucksmöglichkeiten
• Jede Ausdrucksform hat den Anspruch, sich in vollendeter Weise zu verwirklichen.
• Die einzelnen Ausdrucksformen stehen in Wechselwirkung zueinander. Sie bereichern sich gegenseitig

Was für Rumpf ein spielerisches Hin und Her zwischen Person und Gegenstand ist, bezeichnen die Reggianer als Flirt mit dem Gegenstand. Diese Art der Aneignung bezieht bewusst auch die Gefühle mit ein. Ein solcher Zugang wird of tals ästhetisch bezeichnet. Ästhetik wird in diesem Zusammenhang verstanden als eine Theorie der sinnlichen Erkenntnis und nicht als eine Theorie des Schönen. Dazu gehört die Offenheit der Sinne, die Freiheit von Zwecken, die Bereitschaft, sich auch gefühlsmäßig ansprechen zu lassen, Irritationen auszuhalten oder gar zu suchen, den Gegenstand nicht nur anzuschauen, sondern ihn intensiv zu betrachten, sich dem Gegenstand hinzugeben und ihn letztlich zum Sprechen zu bringen, um möglichst vieflfältige und reichhaltige Eindrücke zu sammeln. In der Reggio-Pädagogik spielen aber nicht nur die Wahrnehmung, Phantasie und Vorstellung eine wichtige Rolle, sondern auch Gestaltung und Darstellung sind wichtige Elemente in der Auseinandersetzung mit der Welt, weil sie zu weiteren Denkprozessen anregen. Dem Eindruck Ausdruck zu verleihen, ist ein wichtiges Prinzip der pädagogischen Arbeit.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass ästhetische Bildung im Sinne der Reggio-Pädagogik weniger als Bildung zur Ästhetik im Sinne des Schönen und Erhabenen, sondern als Bildung durch ästhetische Prozesse verstanden wird. Die Schönheit der Bilder und Plastiken ist Nebenprodukt, und nicht Ziel der pädagogischen Arbeit, wesentlich ist der Prozess der Erstellung des Produktes. Diese ästhetische Form der Aneignung der Welt, die in der Reggio-Pädagogik die Wahrnehmung, die Phantasie und Vorstellungstätigkeit, das Denken und die Gestaltung umfasst, ist der Kern des reggianischen Bildungsbegriffes. Kinder bei dieser Form der Weltaneignung zu begleiten, ist eine sehr anspruchsvolle und schwierige Aufgabe. Dies kompetent zu tun, erfordert mehr als die Kenntnis spezieller Spiele zur Wahrnehmungsförderung oder bestimmter kreativer Techniken. Es erfordert, sich selbst als Erzieherin der Welt ganz neu zuzuwenden, die eigenen Denkweisen und Haltungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern.

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kontakt

LABA | Kreative Kindercamps
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